Es ist das Schlimmste, was dem Führer einer extremen Partei widerfahren kann, wenn er gezwungen wird, in einer Epoche die Regierung zu übernehmen wo die Bewegung noch nicht reif ist für die Herrschaft der Klasse, die er vertritt, und für die Durchführung der Maßregeln, die die Herrschaft dieser Klasse erfordert. Was er tun kann, hängt nicht von seinem Willen ab, sondern von der Höhe, auf die der Gegensatz der verschiedenen Klassen getrieben ist, und von dem Entwicklungsgrad der materiellen Existenzbedingungen, der Produktions- und Verkehrsverhältnisse, auf dem der jedesmalige Entwicklungsgrad der Klassengegensätze beruht. Was er tun soll, was seine eigne Partei von ihm verlangt, hängt wieder nicht von ihm ab, aber auch nicht von dem Entwicklungsgrad des Klassenkampfs und seiner Bedingungen; er ist gebunden an seine bisherigen Doktrinen und Forderungen, die wieder nicht aus der momentanen Stellung der gesellschaftlichen Klassen gegeneinander und aus dem momentanen, mehr oder weniger zufälligen Stande der Produktions- und Verkehrsverhältnisse hervorgehn, sondern aus seiner größeren oder geringeren Einsicht in die allgemeinen Resultate der gesellschaftlichen und politischen Bewegung. Er findet sich so notwendigerweise in einem unlösbaren Dilemma: Was er tun kann, widerspricht seinem ganzen bisherigen Auftreten, seinen Prinzipien und den unmittelbaren Interessen seiner Partei; und was er tun soll, ist nicht durchzuführen. Er ist, mit einem Wort, gezwungen, nicht seine Partei, seine Klasse, sondern die Klasse zu vertreten, für deren Herrschaft die Bewegung gerade reif ist. Er muß im Interesse der Bewegung selbst die Interessen einer ihm fremden Klasse durchführen und seine eigne Klasse mit Phrasen und Versprechungen, mit der Beteuerung abfertigen, daß die Interessen jener fremden Klasse ihre eignen Interessen sind. Wer in diese schiefe Stellung gerät, ist unrettbar verloren. In der neuesten Zeit noch haben wir Beispiele davon erlebt; wir erinnern nur an die Stellung, die in der letzten französischen provisorischen Regierung die Vertreter des Proletariats einnahmen, obwohl sie selbst nur eine sehr untergeordnete Entwicklungsstufe des Proletariats repräsentierten. Wer nach den Erfahrungen der Februarregierung - von unsern edlen deutschen provisorischen Regierungen und Reichsregentschaften nicht zu sprechen - noch auf offizielle Stellungen spekulieren kann, muß entweder über die Maßen borniert sein oder der extrem-revolutionären Partei höchstens mit der Phrase angehören.
Die Stellung Münzers an der Spitze des ewigen Rats von Mühlhausen war indes noch viel gewagter als die irgendeines modernen revolutionären Regenten. Nicht nur die damalige Bewegung, auch sein ganzes Jahrhundert war nicht reif für die Durchführung der Ideen, die er selbst erst dunkel zu ahnen begonnen hatte. Die Klasse, die er repräsentierte, weit entfernt, vollständig entwickelt und fähig zur Unterjochung und Umbildung der ganzen Gesellschaft zu sein, war eben erst im Entstehen begriffen. Der gesellschaftliche Umschwung, der seiner Phantasie vorschwebte, war noch so wenig in den vorliegenden materiellen Verhältnissen begründet, daß diese sogar eine Gesellschaftsordnung vorbereiteten, die das gerade Gegenteil seiner geträumten Gesellschaftsordnung war. Dabei aber blieb er an seine bisherigen Predigten von der christlichen Gleichheit und der evangelischen Gütergemeinschaft gebunden; er mußte wenigstens den Versuch ihrer Durchführung machen. Die Gemeinschaft aller Güter, die gleiche Verpflichtung aller zur Arbeit und die Abschaffung aller Obrigkeit wurde proklamiert. Aber in der Wirklichkeit blieb Mühlhausen eine republikanische Reichsstadt mit etwas demokratisierter Verfassung, mit einem aus allgemeiner Wahl hervorgegangenen Senat, der unter der Kontrolle des Forums stand, und mit einer eilig improvisierten Naturalverpflegung der Armen. Der Gesellschaftsumsturz, der den protestantischen bürgerlichen Zeitgenossen so entsetzlich vorkam, ging in der Tat nie hinaus über einen schwachen und unbewußten Versuch zur übereilten Herstellung der späteren bürgerlichen Gesellschaft.
Münzer selbst scheint die weite Kluft zwischen seinen Theorien und der unmittelbar vorliegenden Wirklichkeit gefühlt zu haben, eine Kluft, die ihm um so weniger verborgen bleiben konnte, je verzerrter seine genialen Anschauungen sich in den rohen Köpfen der Masse seiner Anhänger widerspiegeln mußten. Er warf sich mit einem selbst bei ihm unerhörten Eifer auf die Ausbreitung und Organisation der Bewegung; er schrieb Briefe und sandte Boten und Emissäre nach allen Seiten aus. Seine Schreiben und Predigten atmen einen revolutionären Fanatismus, der selbst nach seinen früheren Schriften in Erstaunen setzt. Der naive jugendliche Humor der revolutionären Münzerschen Pamphlete ist ganz verschwunden; die ruhige, entwickelnde Sprache des Denkers, die ihm früher nicht fremd war, kommt nicht mehr vor. Münzer ist jetzt ganz Revolutionsprophet; er schürt unaufhörlich den Haß gegen die herrschenden Klassen, er stachelt die wildesten Leidenschaften auf und spricht nur noch in den gewaltsamen Wendungen, die das religiöse und nationale Delirium den alttestamentarischen Propheten in den Mund legte. Man sieht aus dem Stil, in den er sich jetzt hineinarbeiten mußte, auf welcher Bildungsstufe das Publikum stand, auf das er zu wirken hatte.
Das Beispiel Mühlhausens und die Agitation Münzers wirkten rasch in die Ferne. In Thüringen, im Eichsfeld, im Harz, in den sächsischen Herzogtümern, in Hessen und Fulda, in Oberfranken und im Vogtland standen überall Bauern auf, zogen sich in Haufen zusammen und verbrannten Schlösser und Klöster. Münzer war mehr oder weniger als Führer der ganzen Bewegung anerkannt, und Mühlhausen blieb Zentralpunkt, während in Erfurt eine rein bürgerliche Bewegung siegte und die dort herrschende Partei fortwährend eine zweideutige Stellung gegen die Bauern beobachtete.
Die Fürsten waren in Thüringen anfangs geradeso ratlos und ohnmächtig gegenüber den Bauern wie in Franken und Schwaben. Erst in den letzten Tagen des April gelang es dem Landgrafen von Hessen, ein Korps zusammenzuziehn - demselben Landgrafen Philipp, von dessen Frömmigkeit die protestantischen und bürgerlichen Reformationsgeschichten so viel zu rühmen wissen und von dessen Infamien gegen die Bauern wir sogleich ein geringes Wörtlein vernehmen werden. Der Landgraf Philipp unterwarf durch ein paar rasche Züge und durch bestimmtes Auftreten bald den größten Teil seines Landes, zog neue Aufgebote heran und wandte sich dann ins Gebiet des Abts von Fulda, seines bisherigen Lehnsherm. Er schlug den Fuldaer Bauernhaufen am 3. Mai am Frauen-Berg, unterwarf das ganze Land und benutzte die Gelegenheit, nicht nur sich von der Oberhoheit des Abts loszumachen, sondern sogar die Abtei Fulda in ein hessisches Lehen zu verwandeln - vorbehaltlich ihrer späteren Säkularisierung natürlich. Dann nahm er Eisenach und Langensalza und zog, mit den herzoglich-sächsischen Truppen vereinigt, gegen den Hauptsitz der Rebellion, gegen Mühlhausen. Münzer zog seine Streitkräfte, an 8000 Mann mit einigem Geschütz, bei Frankenhausen zusammen. Der thüringische Haufe war weit entfernt davon, die Schlagfähigkeit zu besitzen, die ein Teil der oberschwäbischen und fränkischen Haufen dem Truchseß gegenüber entwickelte; er war schlecht bewaffnet und schlecht diszipliniert, er zählte wenig gediente Soldaten und ermangelte aller Führer. Münzer selbst besaß offenbar nicht die geringsten militärischen Kenntnisse. Dennoch fanden es die Fürsten angemessen, auch hier die Taktik anzuwenden, die dem Truchseß so oft zum Sieg verholfen hatte: die Wortbrüchigkeit. Am 16. Mai leiteten sie Unterhandlungen ein, schlossen einen Waffenstillstand und überfielen dann plötzlich die Bauern, noch ehe der Stillstand abgelaufen war.
Münzer stand mit den Seinen auf dem noch jetzt so genannten Schlachtberg, verschanzt hinter einer Wagenburg. Die Entmutigung unter dem Haufen war schon sehr im Zunehmen. Die Fürsten versprachen Amnestie, wenn der Haufe ihnen Münzer lebendig ausliefern wolle. Münzer ließ einen Kreis bilden und die Anträge der Fürsten debattieren. Ein Ritter und ein Pfaff sprachen sich für die Kapitulation aus; Münzer ließ sie beide sofort in den Kreis führen und enthaupten. Dieser von den entschlossenen Revolutionären mit Jubel aufgenommene Akt terroristischer Energie brachte wieder einigen Hin den Haufen; aber schließlich wäre er doch zum größten Teil ohne Widerstand auseinandergegangen, wenn man nicht bemerkt hätte, daß die fürstlichen Landsknechte, nachdem sie den ganzen Berg umstellt, trotz des Stillstands in geschlossenen Kolonnen heranrückten. Schnell wurde die Front hinter den Wagen formiert, aber schon schlugen die Geschütz- und Büchsenkugeln in die halb wehrlosen, kampfungewohnten Bauern, schon waren die Landsknechte bei der Wagenburg angelangt. Nach kurzem Widerstand war die Wagenlinie durchbrochen, die Kanonen der Bauern waren erobert und sie selbst versprengt. Sie flohen in wilder Unordnung, um den Umgehungskolonnen und der Reiterei um so sicherer in die Hände zu fallen, die ein unerhörtes Blutbad unter ihnen anrichteten. Von achttausend Bauern wurden über fünftausend erschlagen; der Rest kam nach Frankenhausen hinein und gleichzeitig mit ihm die fürstlichen Reiter. Die Stadt war genommen. Münzer, am Kopf verwundet, wurde in einem Hause entdeckt und gefangengenommen. Am 25. Mai ergab sich auch Mühlhausen; Pfeifer, der dort geblieben war, entkam, wurde aber im Eisenachschen verhaftet.
Münzer wurde in Gegenwart der Fürsten auf die Folter gespannt und dann enthauptet. Er ging mit demselben Mut auf den Richtplatz, mit dem er gelebt hatte. Er war höchstens achtundzwanzig Jahre alt, als er hingerichtet wurde. Auch Pfeifer wurde enthauptet; außer diesen beiden aber noch zahllose andre. In Fulda hatte der Mann Gottes, Philipp von Hessen, sein Blutgericht begonnen; er und die sächsischen Fürsten ließen unter andern in Eisenach 24, in Langensalza 41, nach der Frankenhauser Schlacht 300, in Mühlhausen über 100, bei Görmar 26, bei Tüngeda 50, bei Sangerhausen 12, in Leipzig 8 Rebellen mit dem Schwert hinrichten, von Verstümmelungen und anderen gelindern Mitteln, von Plünderungen und Verbrennungen der Dörfer und Städte gar nicht zu reden.
Mühlhausen mußte sich seiner Reichsfreiheit begeben und wurde den sächsischen Ländern einverleibt, gerade wie die Abtei Fulda der Landgrafschaft Hessen.
Die Fürsten zogen nun über den Thüringer Wald, wo fränkische Bauern aus dem Bildhäuser Lager sich mit den Thüringern verbunden und viele Schlösser verbrannt hatten. Vor Meiningen kam es zum Gefecht; die Bauern wurden geschlagen und zogen sich auf die Stadt zurück. Diese verschloß ihnen plötzlich die Tore und drohte sie im Rücken anzugreifen. Der Haufe, durch diesen Verrat seiner Bundesgenossen ins Gedränge gebracht, kapitulierte mit den Fürsten und lief noch während der Verhandlung auseinander. Das Bildhäuser Lager hatte sich längst zerstreut, und so war mit der Zersprengung dieses Haufens der letzte Rest der Insurgenten aus Sachsen, Hessen, Thüringen und Oberfranken vemichtet.
Im Elsaß war der Aufstand später losgebrochen als auf der rechten Rheinseite. Erst gegen die Mitte des April erhoben sich die Bauern im Bistum Straßburg, und bald nach ihnen die Oberelsässer und Sundgauer. Am 18. April plünderte ein niederelsässischer Bauernhaufe das Kloster Altdorf; andere Haufen bildeten sich bei Ebersheim und Barr sowie im Willertal und Urbistal. Sie konzentrierten sich bald zum großen Niederelsässer Haufen und organisierten die Einnahme der Städte und Flecken sowie die Zerstörung der Klöster. Überall wurde der dritte Mann zum Heer eingefordert. Die zwölf Artikel dieses Haufens sind bedeutend radikder als die schwäbisch-fränkischen.
Während eine Kolonne der Niederelsässer sich anfangs Mai bei St. Hippolyte konzentrierte und nach einem vergeblichen Versuch, diese Stadt zu gewinnen, am 10. Mai Bercken, am 13. Rappoltsweiler, am 14. Reichenweier durch Einverständnis mit den Bürgern in ihre Gewbekam, zog eine zweite unter Erasmus Gerber aus, um Straßburg zu überrumpeln. Der Versuch mißlang, die Kolonne wandte sich nun den Vogesen zu, zerstörte das Kloster Maursmünster und belagerte Zabern, das sich am 13. Mai ergab. Von hier zog sie an die lothringische Grenze und insurgierte den anstoßenden Teil des Herzogtums, während sie zugleich die Gebirgspässe verschanzte. Bei Herbitzheim an der Saar und bei Neuburg wurden große Lager gebildet; bei Saargemünd verschanzten sich 4000 deutsch-lothringische Bauern; zwei vorgeschobene Haufen endlich, der Kolbenhaufen in den Vogesen bei Stürzelbronn, der Kleeburger Haufe bei Weißenburg, deckten Front und rechte Flanke, während sich die linke Flanke an die Oberelsässer anlehnte.
Diese, seit dem 20. April in Bewegung, hatten am 10. Mai Sulz, am 12. Gebweiler, am 15. Sennheim und Umgegend in die Bauernverbrüderung gezwungen. Die östreichische Regierung und die umliegenden Reichsstädte verbanden sich zwar sogleich gegen sie, waren aber zu schwach, ihnen ernsthaften Widerstand zu leisten, geschweige sie anzugreifen. So war, mit Ausnahme weniger Städte, bis Mitte Mai das ganze Elsaß in den Händen der Insurgenten.
Aber schon nahte das Heer, das den Frevelmut der Elsässer Bauern brechen sollte. Es waren Franzosen, die hier die Restauration der Adelsherrschaft vollzogen. Der Herzog Anton von Lothringen setzte sich bereits am 6. Mai mit einer Armee von 30000 Mann in Bewegung, darunter die Blüte des französischen Adels und spanische, piemontesische, lombardische, griechische und albanesische Hilfstruppen. Am 16. Mai stieß er bei Lützelstein auf 4000 Bauern, die er ohne Mühe schlug, und am 17. schon zwang er das von den Bauern besetzte Zabern zur Kapitulation. Aber noch während des Einzugs der Lothringer in die Stadt und der Entwaffnung der Bauern wurde die Kapitulation gebrochen; die wehrlosen Bauern wurden von den Landsknechten überfallen und größtenteils niedergemacht. Die übrigen niederelsässischen Kolonnen zerstreuten sich, und Herzog Anton zog nun den Oberelsässern entgegen. Diese, die sich geweigert hatten, den Niederelsässern nach Zabern zuzuziehn, wurden nun bei Scherweiler von der ganzen Macht der Lothringer angegriffen. Sie wehrten sich mit großer Tapferkeit, aber die enorme Übermacht - 30000 gegen 7000 - und der Verrat einer Anzahl Ritter, besonders des Vogts von Reichenweier, vereitelte alle Bravour. Sie wurden vollständig geschlagen und zersprengt. Der Herzog pazifizierte nun den ganzen Elsaß mit üblicher Grausamkeit. Nur der Sundgau blieb von seiner Anwesenheit verschont. Die östreichische Regierung brachte hier durch die Drohung, ihn ins Land zu rufen, ihre Bauern anfangs Juni zum Abschluß des Vertrags von Ensisheim. Sie selbst aber brach diesen Vertrag sogleich wieder und ließ die Prediger und Führer der Bewegung massenweise hängen. Die Bauern machten hierauf einen neuen Aufstand, der endlich damit endigte, daß die Sundgauer Bauern in den Vertrag zu Offenburg (18. September) eingeschlossen wurden.
Es bleibt uns jetzt noch der Bauernkrieg in den östreichischen Alpenländern zu berichten. Diese Gegenden sowie das anstoßende Erzbistum Salzburg waren seit der stara prawa in fortwährender Opposition gegen Regierung und Adel, und die reformierten Lehren hatten auch hier einen günstigen Boden gefunden. Religiöse Verfolgungen und willkürliche Steuerbedrückungen brachten den Aufstand zum Losbruch.
Die Stadt Salzburg, unterstützt von den Bauern und Bergknappen, hatte schon seit 1522 mit dem Erzbischof wegen ihrer städtischen Privilegien und wegen der Religionsübung im Streit gelegen. Ende 1524 überfiel der Erzbischof die Stadt mit angeworbnen Landsknechten, terrorisierte sie durch die Kanonen des Schlosses und verfolgte die ketzerischen Prediger. Zugleich schrieb er neue, drückende Steuern aus und reizte die ganze Bevölkerung dadurch aufs äußerste. Im Frühjahr 1525, gleichzeitig mit der schwäbisch-fränkischen und thüringischen Insurrektion, erhoben sich plötzlich die Bauern und Bergleute des ganzen Landes, organisierten sich in Haufen unter den Hauptleuten Praßler und Weitmoser, befreiten die Stadt und belagerten das Schloß Salzburg. Sie schlossen, wie die westdeutschen Bauern, einen christlichen Bund und faßten ihre Forderungen in Artikeln zusammen, deren hier vierzehn waren.
Auch in Steiermark, Oberöstreich, Kärnten und Krain, wo neue ungesetzliche Steuern, Zölle und Verordnungen das Volk in seinen nächsten Interessen schwer verletzt hatten, standen die Bauern im Frühjahr 1525 auf. Sie nahmen eine Anzahl Schlösser und schlugen den Besieger der stara prawa, den alten Feldhauptmann Dietrichstein, bei Gryß. Obgleich es den Vorspiegelungen der Regierung gelang, einen Teil der Insurgenten zu beschwichtigen, blieb die Masse doch zusammen und vereinigte sich mit den Salzburgern, so daß das ganze Salzburgische und der größte Teil von Oberöstreich, Steiermark, Kärnten und Krain in den Händen der Bauern und Bergknappen war. In Tirol hatten ebenfalls die reformierten Lehren großen Anhang gefunden; hier waren sogar, noch mehr als in den übrigen östreichischen Alpenländern, Münzersche Emissäre mit Erfolg tätig gewesen. Der Erzherzog Ferdinand verfolgte die Prediger der neuen Lehre auch hier und griff ebenfalls durch neue willkürliche Finanzregulationen in die Vorrechte der Bevölkerung ein. Die Folge war, wie überall, der Aufstand im Frühling desselben Jahres 1525. Die Insurgenten, deren oberster Hauptmann ein Münzerscher war, Geismaier, das einzige bedeutende militärische Talent unter sämtlichen Bauernchefs, nahmen eine Menge Schlösser und verfuhren namentlich im Süden, im Etschgebiet, sehr energisch gegen die Pfaffen. Auch die Vorarlberger standen auf und schlossen sich den Allgäuern an.
Der Erzherzog, von allen Seiten bedrängt, machte den Rebellen, die er noch kurz vorher mit Sengen und Brennen, Plündern und Morden hatte ausrotten wollen, Konzession über Konzession. Er berief die Landtage der Erblande ein und schloß bis zu ihrem Zusammentritt Waffenstillstand mit den Bauern. Inzwischen rüstete er nach Kräften, um möglichst bald eine andre Sprache mit den Frevlern führen zu können.
Der Waffenstillstand wurde natürlich nicht lange gehalten. In den Herzogtümern fing Dietrichstein, dem das Geld ausging, an zu brandschatzen. Seine slawischen und magyarischen Truppen erlaubten sich zudem die schamlosesten Grausamkeiten gegen die Bevölkerung. Die Steirer standen also wieder auf, überfielen in der Nacht vom 2. zum 3. Juli den Feldhauptmann Dietrichstein in Schladming und machten alles nieder, was nicht deutsch sprach. Dietrichstein selbst wurde gefangen; am Morgen des 3. wurde von den Bauern ein Geschworenengericht eingesetzt und 40 tschechische und kroatische Adlige aus den Gefangnen zum Tode verurteilt. Sie wurden sofort enthauptet. Das wirkte; der Erzherzog genehmigte sofort alle Forderungen der Stände der fünf Herzogtümer (Ober- und Niederöstreich, Steiermark, Kärnten und Krain).
Auch in Tirol wurden die Forderungen des Landtags bewilligt und dadurch der Norden pazifiziert. Der Süden jedoch, auf seinen ursprünglichen Forderungen gegenüber den abgeschwächten Landtagsbeschlüssen beharrend, blieb unter den Waffen. Erst im Dezember konnte der Erzherzog hier die Ordnung durch Gewwiederherstellen. Er unterließ nicht, eine große Anzahl der in seine Hände gefallenen Anstifter und Führer des Aufruhrs hinrichten zu lassen.
Gegen Salzburg zogen nun im August 10000 Bayern unter Georg von Frundsberg. Diese imposante Truppenmacht sowie Zwistigkeiten, die unter den Bauern ausgebrochen waren, bewogen die Salzburger zum Abschluß eines Vertrags mit dem Erzbischof, der am 1. September zustande kam und den auch der Erzherzog annahm. Die beiden Fürsten, die inzwischen ihre Truppen genügend verstärkt hatten, brachen diesen Vertrag jedoch sehr bald und trieben dadurch die Salzburger Bauern zu einem erneuerten Aufstand. Die Insurgenten hielten sich den Winter über; im Frühjahr kam Geismaier zu ihnen und eröffnete eine glänzende Kampagne gegen die von allen Seiten heranrückenden Truppen. In einer Reihe brillanter Gefechte schlug er - im Mai und Juni 1526 - nacheinander Bayern, Östreicher, schwäbische Bundestruppen und erzbischöflich-salzburgische Landsknechte und hinderte lange die verschiednen Korps an ihrer Vereinigung. Dazwischen fand er noch Zeit Radstadt zu belagern. Von der Übermacht endlich auf allen Seiten umzingelt mußte er abziehn, schlug sich durch und führte die Trümmer seines Korps mitten durch die östreichischen Alpen auf venetianisches Gebiet. Die Republik Venedig und die Schweiz boten dem unermüdlichen Bauernchef Anhaltspunkte zu neuen Intrigen; er versuchte noch ein Jahr lang, sie in einen Krieg gegen Östreich zu verwickeln, der ihm zu einem wiederholten Bauernaufstand Gelegenheit bieten sollte. Aber während dieser Unterhandlungen erreichte ihn die Hand eines Mörders; der Erzherzog Ferdinand und der salzburgische Erzbischof waren nicht ruhig, solange Geismaier am Leben war; Sie bezahlten einen Banditen, und diesem gelang es, den gefährlichen Rebellen 1527 aus der Welt zu schaffen.
weiter zum 7. Teil: Die Folgen des Bauernkriegs