Der Erbkaiser


Wilhelm Wolff


Die schlesische Milliarde


Wilhelm Wolff

Situation in Deutschland:

Die revolutionäre Bewegung

Köln, 17. Mai. Die heute aus Deutschland eingehenden Nachrichten sind erfreulich.

In Sachsen kuriert das gottbegnadete Preußentum durch immer weitere Besetzung von Städten und Dörfern die Bewohner von ihrem bisherigen Bierphlegma.

Die österreichischen Standrechtsbestien sekundieren dem belagerungswollüstigen Hohenzollern nach besten Kräften. Prag wurde, wie bekannt, am 10. Mai ohne andere Veranlassung als die, welche der neuesten preußischen Verfassung zugrunde liegt, in Belagerungszustand erklärt. Jetzt hat die Festung Theresienstadt das nämliche Schicksal getroffen. Nach Briefen aus Leipzig sind auch Olmütz und Brünn den belagerungsbegnadeten Städten beigestellt.

In Elberfeld ist die ganze Niederträchtigkeit, die sich einige Tage latent verhalten mußte, vollständig entbunden worden. Die Freikorps, die Arbeiter sind verraten und verkauft worden, wie es von diesen Bourgeois zu erwarten stand.

Hätten die bewaffneten Arbeiter gleich von vornherein das Beispiel der preußischen Regierung befolgt, Elberfeld in Belagerungszustand erklärt und diesen zur vollständigen Niederhaltung einer schamlos-feigen, aber noch mehr perfiden Bourgeoisie benutzt, so wären sie die Sieger, statt daß sie jetzt als die Geprellten dastehen. Gestern früh um 4 zog Mirbach nach Elberfeld mit 2 Kolonnen aus, von denen die eine ihren Weg nach Solingen, die andere nach Siegen hin nahm. Die Elberfelder Bourgeois hatten auf alle Dörfer in jenen beiden Richtungen Emissäre ausgesandt und den Bauern vorschwatzen lassen, daß ein plünderungssüchtiges Gesindel im Anrücken sei, daß, wenn sie nicht kräftige Anstalten zur Abwehr träfen, den Bauern wahrscheinlich Haus und Hof über dem Kopf angezündet oder mindestens alles Hab und Gut geraubt werden würde.

Durch diese Manöver gelang es, daß die Bauern in Lüttringshausen den Mirbach und Hühnerbein gefangen nahmen, abscheulich mißhandelten und den Bourgeois in Elberfeld zur weitern gütigen Spedition an die hohenzollernschen Mord- und Greuelknechte überlieferten.

Iserlohn soll nach mehrstündigem Kampfe sich an die Preußen ergeben haben.

Dagegen ist der Südwesten Deutschlands bereits zu einer Pille geworden, die von den Gottbegnadeten nicht so leicht verdaut werden wird. Die badischen, pfälzischen und ein Teil der bayrischen Soldaten werden in der deutschen Geschichte des Jahres 1849 den ehrenvollsten Platz einnehmen. Sie sind zuerst mit einem großartigen Beispiel vorangegangen; sie haben die Disziplin, in deren Namen man sie bisher mißhandelte, zum Teufel geschickt; den Eidschwur, den sie gekrönten Gaunern gegenüber zu leisten gezwungen worden, sie haben ihn zerbrochen und den Volksfeinden vor die Füße geschleudert. Aus Stützen der Gottbegnadeten sind sie zu kräftigen Verteidigern des Volkes geworden, dem sie entstammen, dessen Schicksale, dessen Leiden und Freuden, dessen Freiheit oder Knechtschaft sie teilen, sobald der Soldatenrock ausgezogen ist.

Neue Rheinische Zeitung, 19. Mai 1849.



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Letzte Änderung: 15. Jun. 2001, Adresse: /deutsch/1848/wolff10.html