Meine Herren,
Ich bin Tourangeau, ich wohne in Luynes, am rechten Ufer der Loire, einst ein beachtlicher Ort, den die Beseitigung des Edikts von Nantes (d.h. der Religionsfreiheit) auf tausend Einwohner reduziert hat, und der ganz verschwinden wird durch die neuen Verfolgungen, wenn eure Umsicht nicht für Ordnung sorgt.
Ich kann mir gut vorstellen, daß die meisten unter Ihnen nicht wissen, was in den letzten Monaten in Luynes passiert ist. Die Neuigkeiten aus unserer Gegend sorgen für wenig Aufsehen in Frankreich und vor allem in Paris. Deshalb muß ich etwas weit ausholen, damit mein Bericht verständlich wird.
Vor einem Jahr ungefähr am Martinstag fing man bei uns an von guten Untertanen und von schlechten Untertanen zu sprechen. Was damit gemeint war weiß ich nicht, und wenn ich es wüsste, würde ich es vielleicht nicht sagen, aus Angst, mir mit zu vielen Leuten Ärger einzuhandeln. Zu dieser Zeit begegnete François Fouquet, der auf dem Weg zur großen Mühle war, dem Pfarrer, der einen Toten zum Friedhof von Luynes brachte. Der Weg war schmal und der Pfarrer, der Fouquet auf seinem Pferd kommen sah, ruft ihm zu, daß er anhalten solle; der hält keineswegs an; statt seinen Hut abzunehmen behält er ihn auf; er reitet vorbei; er galoppiert, beschmutzt dabei noch den Pfarrer. Das war noch nicht alles, manche sagen, und das kann ich mühelos glauben, daß er im vorüberreiten geflucht habe, daß er sich über den Pfarrer und seinen Toten lustig gemacht habe. Soweit die Tatsachen, meine Herren, ich füge nichts hinzu und lasse nichts weg, und, Gott steh mir bei! ich ergreife nicht Partei für Fouquet und versuche nicht Fouquet's Unrecht zu verkleinern. Er hat Böses getan und ich verdamme ihn, so wie ich ihn seither verdammt habe. Aber hören Sie nun, was daraus wurde.
Drei Tage später kommen vier Gendarmen zu Fouquet, ergreifen ihn, bringen ihn zum Gefängnis nach Langeais, gefesselt, geknebelt, barfüßig, in Handschellen und überdies noch zusammen mit zwei gefährlichen Räubern. Alle drei warf man in das selbe Verließ. Fouquet blieb da zwei Monate; während dieser Zeit konnte seine Familie nur durch das Mitgefühl guter Menschen überleben, die in unserer Gegend zum Glück nicht selten sind. Bei uns gibt es mehr Barmherzigkeit als Fügsamkeit. Fouquet war also im Gefängnis, seine Kinder sind nicht verhungert; in der Beziehung war er glücklicher als andere.
Ungefähr zur selben Zeit und wegen einer ebenso schwerwiegenden Sache hat man Georges Mauclair verhaftet, der fünf Wochen eingesperrt war. Der hatte über die Regierung schlecht gesprochen, sagte man. In der Tat, das ist möglich; wenige von uns wissen, was die Regierung ist; unser Wissen in der Beziehung ist sehr begrenzt; das ist nicht der übliche Gegenstand unserer philosophischen Betrachtungen; und wenn Georges Mauclair darüber sprechen wollte, wundert es mich nicht, das er schlecht gesprochen haben soll; aber es wundert mich, daß man ihn deswegen eingesperrt hat. Das ist etwas streng, scheint mir. Ich billige weit mehr die Nachsicht, die man einem anderen gegenüber hatte, den in Luynes jeder kennt und der mitten auf dem Markt, am Ende der Messe, laut, öffentlich sagt, das er seinen Wein behalten will um ihn bei der Rückkehr von Bonaparte zu verkaufen und dazu, daß er nicht mehr lange warten will, und anderen Unsinn. Sie sehen daran, meine Herren, daß er seinen Wein weder verkaufte noch behielt, sondern ihn stattdessen trank. Das war damals meine Meinung. Man konnte nicht schlechter sprechen. Mauclair hatte nicht soviel gesagt um dafür eingesperrt zu werden; den anderen hat man aber in Ruhe gelassen; warum ? weil er guter Untertan ist; und Mauclair ? er ist schlechter Untertan; er hat denen mißfallen, die die Gendarmen schicken, das ist der Punkt, meine Herren. Chateaubriand hat in dem verbotenen Buch, das alle lesen, gesagt: Sie haben zwei Gewichte und zwei Maße; für dieselbe Tat wird der eine verurteilt und der andere freigesprochen. Ich glaube, er wollte über das sprechen, was in Paris passiert; aber in Luynes, meine Herren, ist es das Gleiche. Verstehen sie sich gut mit dem und dem ? guter Untertan, man läßt sie leben. Haben sie irgend einen Prozeß gegen den und den unterstützt, ihn nicht gegrüßt, sich mit seinem Dienstmädchen gestritten, einen Stein nach seinem Hund geworfen ? sie sind schlechter Untertan, möglicher Aufrührer, man wendet das Gesetz gegen sie an, und manchmal wendet man es etwas rüde an, wie man es neulich mit zehn unserer friedlichsten Bewohner getan hat, Leute, die Gott fürchten und den Herrn Bürgermeister, Familienväter die meisten, Winzer, Arbeiter, Handwerker, über die sich niemand beklagt hat, gute Nachbarn, Freunde, jedem zu diensten, einwandfreie Moral und Führung; aber schlechte Untertanen. Es ist eine eigenartige Geschichte, die für viel Unruhe gesorgt hat und es noch lange tun wird in der Gegend; denn wir anderen Dorfbewohner sind nicht an Staatsstreiche gewöhnt. Die Sache von Mauclair und dem anderen, den man ins Gefängnis gesteckt hat, weil er seinen Hut nicht gezogen hat, als er dem Pfarrer begegnet ist, und dem Toten, egal; das ist nichts im Vergleich zum Preis.
In der Mitte der Fastenzeit, am 25. März, um ein Uhr in der Nacht; alles schlief; vierzig Gendarmen kommen in den Ort vom Gasthaus, wohin sie sich zuerst begeben hatten, wo sie ihre Vorbereitungen getroffen haben, wo sie sich alle nötigen Informationen beschafft haben, sind sie am frühen Morgen in alle Häuser ausgeschwärmt. Luynes, meine Herren, ist ungefähr so groß wie der Palais Royal (ca 2 Fußballfelder). Das Entsetzen war bald allgemein. Jeder flieht oder versteckt sich; einige werden im Bett überrascht, werden den Armen ihrer Frauen oder Kinder entrissen; aber die meisten, nackt, auf der Straße oder auf der Flucht in die Feldmark, laufen geradewegs in die Arme der Gendarmen, die sie draußen erwartet haben. Nach längerem Tumult und Schreien werden zehn Personen verhaftet: mehr hatte man nicht fangen können. Sie werden abgeführt; ihre Verwandten, ihre Kinder wären ihnen gefolgt, wenn die Autorität es zugelassen hätte.
Die Autorität, meine Herren, das ist Schlagwort in Frankreich. Woanders sagt man das Gesetz. Oh, wie wäre Pater Canaye mit uns zufrieden, wenn er diesen Augenblick erleben könnte! Überall könnte er lesen: Keine Vernunft; die Autorität. Sicher diese Autorität ist nicht jene der Konzile noch die der Kirchenväter und noch weniger die der Rechtsgelehrten; sondern die der Gendarmen, die den anderen in nichts nachsteht.
Man nahm also diese Unglücklichen mit, ohne ihnen zu sagen, wessen sie beschuldigt waren, noch welches Schicksal sie erwartete und man hat ihren Angehörigen verboten, sie zu begleiten, sie bis zu den Toren des Gefängnisses zu unterstützen. Kinder, die noch einmal ihren Vater sehen wollten und die wissen wollten, wo man ihn einkerkern würde, wurden zurückgestoßen. Unter den zehn verhafteten war diesmal nicht einer, der nicht eine Familie zurückließ. Brulon und seine Frau, alle beide ganze sechs Monate im Verließ und ihre Kinder während der Zeit verwaist. Pierre Aubert, Witwer, hatte einen Jungen und ein Mädchen; sie war elf Jahre alt, er noch jünger, aber ihre Sanftmut und Intelligenz waren schon jedem aufgefallen. Dazu kam noch das Mitleid, das ihr Unglück bei jedem hervorrief, jeder half ihnen so gut es ging. An nichts hätte es ihnen gefehlt, wenn die väterliche Liebe zu ersetzen gewesen wäre; aber die Kleine verfiel bald in eine Melancholie, die nicht zu zerstreuen war. Jene Nacht, jene Gendarmen und ihr gefesselter Vater schwanden nicht aus ihrem Gedächtnis. Der Eindruck des Terrors den sie von diesem furchtbaren Erwachen behalten hatte, machte es ihr unmöglich, je wieder zu lachen oder zu spielen; sie ist zusehends dahingewelkt. Sie lehnte jede Nahrung ab und verlangte immer wieder nach ihrem Vater. Man glaubte, ihr Leiden zu mildern und sie vielleicht wieder ins Leben zurückzuholen, wenn man sie zu ihm ließ; sie bekam - zu spät - Zutritt zum Gefängnis. Er hat sie gesehen, er hat sie geküßt, er ist immer noch stolz, sie geküßt zu haben; er kennt noch nicht das ganze Ausmaß seines Unglücks, selbst die Gefängniswärter wagen nicht, es ihm zu sagen. Am Grunde dieser schrecklichen Behausungen lebt noch immer die Hoffnung, eines Tages zum Licht zurückzukehren und seine Tochter wieder zu finden; seit vierzehn Tagen ist sie tot.
Justiz, Gerechtigkeit, Vorsehung ! leere Worte mit denen man uns zum Narren hält ! Manchmal wende ich mich ab, sehe nur das triumphierende Verbrechen und wie die Unschuldigen unterdrückt werden. Ich weiß von jenem, der trotz allen Verrats, trotz aller Flüche und all dem Unfug zusammen nicht in den Untergang gestürzt wurde; eine Familie, die auf den Feldern ihrer Vorfahren arbeitet wird ins Verließ geworfen und ausgelöscht. Wenden wir unseren Blick ab von diesen traurigen Beispielen, sonst müßten wir das Gute verleugnen und an der Wahrhaftigkeit selbst zweifeln.
Alle diese armen Leute, die so wie ich es erzählt habe verhaftet wurden, führte man nach Tours und sperrte sie dort ins Gefängnis ein. Nach einigen Tagen eröffnete man ihnen, daß sie Bonapartisten seien; aber deswegen wollte man sie nicht verurteilen, ihnen nicht einmal den Prozeß machen. Man schickte sie woanders hin, und das mit gutem Grund; denn sie müssen wissen, meine Herren, daß sich unter denen, die sie anklagten und denen, die über sie als Bonapartisten zu urteilen gehabt hätten, vielleicht die einzigen zu finden gewesen wären, die Bonaparte nicht die Treue geschworen haben, die nicht seine Gunst gesucht haben und die nicht ihre Ergebenheit der geheiligten Person betont haben. Der Staatsanwalt, der sie heute unter dem Vorwand des Bonapartismus mit soviel Schärfe verfolgt, hat vor wenigen Jahren ihre Kinder genauso behandelt, aber aus einem ganz anderem Grund, nämlich weil sie sich geweigert hätten, Bonaparte zu dienen. Er ließ mit den selben Mitteln den Kriegsdienstverweigerer ergreifen, oder er ließ das Kind, das seinen Vater Bonaparte vorzog, auf die Galere schaffen. Was sage ich! anstelle des Kindes nahm er den Vater, ließ das Feld, die Ochsen und das Gespann des Unglücklichen verkaufen, dessen Sohn zwei Mal dem Aufruf Bonapartes nicht gefolgt war. Das sind die Leute, die uns des Bonapartismus anklagen. Ich für mein Teil klage niemanden an und beschuldige niemanden, weil ich keinen Ärger will und niemanden hasse, aber ich behaupte, das man in gar keinem Fall das Recht hat, in Luynes zehn Menschen zu verhaften oder in Paris hunderttausend; denn das ist das Gleiche. Es kann in Luynes keine zehn bekannten Diebe unter den Einwohnern geben, keine zehn Mörder mit festem Wohnsitz; das ist so offensichtlich, das es keines weiteren Beweises bedarf. Es sind also zehn Feinde des Königs, die man ihrer Freiheit beraubt, zehn Menschen, die den Staat gefährden. Ja, meine Herren, hundert Meilen von Paris, in einem abgelegenen, unbekannten Ort, der an keiner Kreuzung liegt, den man nur über schlechte Wege erreichen kann, gibt es zehn Verschwörer, zehn Feinde von Staat und König, zehn Menschen, derer man habhaft werden muß, mit Bedacht allerdings. Das Geheimnis ist die Seele jeder militärischen Operation. Zu Mitternacht besteigt man das Pferd; man reitet los; lautlos kommt man am Ortsrand von Luynes an; keine Wachen, denen man die Kehle durchschneiden müßte, keine Posten, die man überraschen muß; man dringt ein und mittels geeigneter Maßnahmen gelingt es, eine Frau, einen Friseur, einen Schuster sowie vier oder fünf Arbeiter oder Winzer zu ergreifen - und die Monarchie ist gerettet.
Ist es so ? Die wahren Aufrührer sind die, die überall welche aufspüren, die, die - ausgestattet mit der Staatsmacht - stets in ihren Feinden auch die Feinde des Königs sehen und sich bemühen, sie zu solchen durch die Verfolgungen zu machen; diejenigen schließlich, die in Luynes zehn Menschen finden, die sie einsperren, zehn Familien, die sie ins Unglück stürzen, die sie ruinieren im Namen des Königs; das sind die Feinde des Königs. Die Tatsachen sprechen eine deutliche Sprache, meine Herren. Die Urheber dieser Gewalttaten haben mit Sicherheit andere Gründe als die öffentliche Ordnung. Ich will mich nicht weiter in diese Untersuchung einlassen, ich wollte sie nur von unseren Leiden informieren und wenn möglich deren Ende erreichen. Aber ich habe ihnen noch nicht alles gesagt, meine Herren.
Unsere zehn Gefangenen, die verdächtigt wurden, schlecht gesprochen zu haben, wurden nach Orleans überführt, da das Gericht in Tours erklärte, daß es für Worte nicht zuständig sei. Während man sie von einem Gefängnis zum anderen beförderte, kam es zu weiteren Ereignissen in Luynes. Eines Nachts wird das Haus des Bürgermeisters angesteckt. Um ein Haar wäre diese respektable Familie in den Flammen umgekommen. Aber die Hilfe kam noch rechtzeitig. Daraufhin marschieren wieder die Gendarmen auf: man verhaftet, man verschleppt, man sperrt alle ein, die verdächtig erscheinen könnten. Diesmal, scheint es, war die Justiz auf Seiten des Bürgermeisters; er verdächtigte jeden, vielleicht zu recht. Ich werde sie nicht mit den Einzelheiten dieses Prozesses langweilen, ich bin nicht genau informiert und er dauert noch an. Ich will nur hinzufügen, das von den ersten zehn Verhafteten zwei zur Deportation verurteilt wurden (denn die Autorität darf nicht unrecht haben); zwei sind im Gefängnis; sechs wurden ohne Urteil nach hause geschickt, zumeist ruiniert, behindert, nicht mehr in der Lage, ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Bei diesen kann man annehmen, daß sie nicht einmal schlecht gesprochen haben. Walte Gott daß sie niemals eine Gelegenheit zum Handeln haben!
Aber sie müssen glauben, das Luynes ein Räubernest von unbelehrbaren Übeltätern ist, ein Herd des Aufruhrs und staatsfeindlicher Verschwörungen. Es muß ihnen vorkommen als sei dieses Dorf, mitten im Frieden, im Schutz der Nacht von Gendarmen überrascht, aus dem man zehn Gefangene mitnimmt, wo sich derartige Expeditionen oft wiederholen, nur von finsterem Gelichter bevölkert sein kann, Feind jeder Gesellschaft. Um das beurteilen zu können, meine Herren, muß ich sie zunächst darauf hinweisen, daß die Touraine von allen Provinzen des Königreichs nicht nur die friedlichste ist, sondern vielleicht die einzige friedliche seit fünfundzwanzig Jahren. In der Tat, wo finden sie - nicht nur in Frankreich - sondern in ganz Europa einen bewohnten Fleck Erde, wo es während dieser Zeit nicht Krieg, Vertreibung noch Unruhen anderer Art gab ? Das nämlich kann man von der Touraine sagen, die von der Zwietracht des Bürgerkriegs und der Invasion verschont, vom Himmel in diesen Zeiten des Gewitters als einzige Zuflucht des Friedens ausersehen war. Wir kennen vom Hörensagen das Desaster von Lyon, die Schrecken der Vendée, das Blutbad des Hohen Priesters der Vernunft und die einkalkulierten Massaker jenes Genies, das den großen Krieg und die Geheimpolizei erfand; aber von allen diesen Geißeln haben wir nur den Lärm gespürt, ruhig inmitten des Sturms, wie eine Oase umgeben von den Wanderdünen der Wüste.
Wenn sie weiter in der Zeit zurückgehen, nach den verheerenden Rückschlägen von Poitiers und Azincourt, als das Königreich die Beute der feindlichen Armeen war, wurde die Touraine, intakt, unbefleckt, geschützt vor jeder Gewalt, Zuflucht unserer Könige.
Diese Unruhen, die sich überall wie ein Feuer ausbreiteten und während der Haft des Königs Johann Frankreich mit Ruinen übersäten, machten vor dem Landstrich zwischen Cher und Loire halt. Denn das ist der Vorteil unserer Lage: entfernt von den Grenzen und der Hauptstadt spüren wir als letzte die Wogen der Volksbewegungen und die Wirkungen eines Krieges. Die Frauen von Tours haben noch die den Rauch eines Feldlagers gesehen.
In dieser zu allen Zeiten so glücklichen, friedlichen, ruhigen Provinz gibt es keinen friedlicheren Flecken als Luynes. Hier weiß man nicht einmal was Diebstahl, Mord und Gewbedeuten; selbst die Ältesten, und man wird hier sehr alt, hatten weder Vogt noch Häscher gesehen, bevor sie im letzten Jahr gekommen sind um Fouquet beizubringen, wie man ordentlich lebt. Hier kennt man keine Parteien geschweige deren Namen; man bestellt seine Felder und mischt sich nicht in andere Dinge ein. Der Haß, den die Revolution überall gesät hat, hat bei uns nicht gekeimt, die Revolution hat weder Opfer gekostet noch zu Neureichen geführt. Wir halten uns in erster Linie an das himmlische Gebot, den Herrschenden zu gehorchen; aber da wir erst spät von den Veränderungen erfahren und aus Furcht, nicht das richtige zu rufen, sei es "es lebe der König!" oder "es lebe die Liga!", rufen wir lieber gar nichts; und diese Politik hat sich bewährt bis zu dem Tag, als Fouquet dem Toten begegnete, ohne den Hut abzunehmen. Inzwischen wundert mich, daß man den Vorwand aufrührerischer Rufe genommen hat, um uns zu verfolgen, denn jeder andere wäre verständlicher; und ich finde, daß man uns genauso gut als von der Ketzerei unserer Ahnen befleckt hätte verbrennen können anstatt uns als Aufrührer zu verschleppen und einzusperren.
Sie sehen, meine Herren, daß Luynes - anders als sie vielleicht geglaubt haben - kein Zentrum der Rebellion ist, ein Ort, den man der öffentlichen Rache ausliefert, sondern der ruhigste Ort der untergebensten Provinz des ganzen Königreichs. Das war es zumindest, bis man durch die schreiendste Ungerechtigkeit Verbitterung und Haß entfacht hat, die lange nicht verlöschen werden. Denn ich muß ihnen sagen meine Herren: dieses Land ist nicht mehr, was es einst war; wenn es jahrhundertelang ruhig war, so ist es das jetzt nicht mehr. Jetzt herrscht hier der Terror und der wird nur aufhören, um der Rache zu weichen. Das Feuer, das man vor einigen Monaten am Haus des Bürgermeisters gelegt hat, beweist ihnen, wie groß die Wut schon war; seitdem ist sie weiter angestiegen; und das bei Menschen, die bis dahin nur sanft, geduldig, jeder erträglichen Regierung ergeben waren. Die Ungerechtigkeit hat sie aufgebracht. Zur Verzweiflung gebracht gerade durch die Staatsanwälte, die sie eigentlich unterstützen sollen, unterdrückt im Namen der Gesetze, die sie schützen sollen, kennen sie keine Grenze mehr, weil die, die sie regieren, kein Maß kennen. Wenn es die Pflicht der Gesetzgeber ist, dem Verbrechen vorzubeugen, dann beeilen sie sich, meine Herren, dem Streit ein Ende zu setzen. Eure Weisheit und die Güte des Königs muß diesem unglücklichen Land die Ruhe wiedergeben, die es verloren hat.
Paris, 10. Dezember 1816