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Übersicht Spanien


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Massenwohnvierteln gab es kaum Keller. Die Not-Unterstände, die in den engen Höfen und Seitenstraßen von den Verzweifelten in der Hast gegraben wurden, wurden oft zu Gräbern.

Ströme obdachloser Menschen zogen vor die Stadt auf den Berg. Über dem ungeschützten Berg stießen die leichteren Bomber auf wenige hundert Meter herunter. Im Freien war die Explosivwirkung der neuen Bomben noch schrecklicher als in der Stadt. Die Splitter sprengten flach über den Boden. Die, die sich auf den Boden warfen, blieben liegen im Blut. Vor der Rückkehr warfen die Flieger den Rest ihrer Bomben über den Sanatorien und Kinderheimen ab, die auf dem Berg liegen.

Zwei Theater und 11 Kino-Theater wurden in Ruinen verwandelt. In der Staatsoper gastiert eine französische Truppe. Bernadette Delpret von der Pariser Oper singt Manon. Die Detonationen überdröhnen die zarte Musik: Der Saal wird verdunkelt. Die Sänger bleiben auf der Bühne. Das Orchester spielt die «Marseillaise«. Der Saal und das Ensemble singen gemeinsam die französische Freiheitshymne. Es folgt das spanische Nationallied. Eine Stunde lang, während die Bomben ringsum einschlagen, singen die Dreitausend im Dunkeln Volkslieder und Kampflieder. Dann geht die Vorstellung weiter.

Zwischen den Bomben fällt drei Tage lang ein Regen von Flugblättern.

«Wir werden Euch alle drei Stunden bombardieren, bis
ihr Euch ergebt. Ergebt Euch, oder wir vernichten
Euch alle!
Generalissimo Franco.»

Franco spricht nicht mehr davon, daß es «Unschuldige» gibt. Er will «sie alle vernichten». Aber sie ergeben sich nicht. Sie wissen: Sich ergeben hieße, sich selbst verraten, hieße, sich selbst vernichten.

Aber dieses unmenschliche, mörderische Bombardement hat das Stadtbild gründlich verändert. Nicht nur durch die zertrümmerten Häuser. Das Gesicht der Stadt ist verändert, es ist gesammelter und kampfentschlossener geworden. In den breiten Ramblas, herrlichen Promenaden, sind von Baum zu Baum Transparente gezogen, die Männer auffordernd, sich freiwilllg zu melden. Und in Scharen melden sich die Freiwilligen, um an die Front zu ziehen, diesen Mörder Faschismus zu schlagen, damit er ihnen nicht weiter die Frauen und Kinder morden kann.

In den Trümmern eines Hauses arbeitet ein Arbeiter mit an der Bergung der Leichen seiner gesamten Familie. Die Trümmer haben unter sich seine Mutter, seine Frau und seine Kinder begraben. Mit finsterem, entschlossenem Gesicht arbeitet er und als er den letzten Toten herausgeholt

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Last change: 22 Jun 2000