Flugblatt aus dem Niederrhein, in dem sehr geschickt an Äusserungen von Naziführern angeknüpft und ihre Demagogie umgekehrt zur Waffe gegen sie verwandt wird.

Denunzianten


Widerstand im 3. Reich


Luftschutz in Ostpreußen


Wir nehmen den Ley beim Wort und fordern ...

"Nicht jeder Betriebsführer, der aus wirtschaftlichen Erwägungen einen Wunsch der Belegschaft abschlägt, sei gleich ein Reaktionär" (Dr. Ley im Siemenswerk zu den Vertrauensratswahlen.)

Sonderbar. Um die gleiche Zeit, da die Wuppertaler Textilbarone die Akkordlöhne drücken, die M.-Gladbacher Textilproleten infolge der Verarbeitung von Ersatzstoffen 6-8 Pfennig Verlust pro Stunde an ihren Akkordlöhnen erleiden, einzelne Solinger Metallbetriebe den direkten Lohnraub bereits durchgeführt haben, bzw. es gerade versuchen, die Phönixarbeiter in Düsseldorf bereits seit dem ersten März um 54 Pfennig Lohn pro Stunde beraubt wurden, gerade um dieselbe bringt die Tagespresse fast täglich in ihrem Handelsteil Meldungen über steigende Gewinne der verschiedensten Unternehmen. Nicht genug damit, schütten eben dieselben Betriebe in diesem Jahre eine hohe Dividende aus, was im vergangenen Jahre nicht überall der Fall war. Oder aber die diesjährigen Dividenden übersteigen die des vergangenen Jahres um ein Beträchtliches.

Man kann also ohne jede Übertreibung sagen, daß seit Hitler an der Macht ist, und die Geschäfte des Finanzkapitals besorgt, Verdienen von den Unternehmern großgeschrieben wird. Dabei hat man, mittels enormer Abschreibungen, nicht nur die tatsächlichen ins riesenhafte gestiegenen Gewinne verschleiert, sondern in der Tat diesen parasitären Kapitalshyänen und Kuponabschneidern in Form gewaltig gestiegener Dividenden Riesensummen in ihren unersättlichen Rachen geworfen.

Sehen wir uns die Kehrseite der Medaille an. In der gleichen Rede erklärte Dr. Ley: "Wer etwas leistet, hat nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht zu fordern." Bedarf es noch besonderer Beweise, daß die Leistungen der Arbeiter gewaltig gestiegen sind? Kaum. Selbst Ley erklärte in seiner Rede, daß die Arbeiter Opfer gebracht haben. Und die ununterbrochene Kette des kalten Lohnraubs und der Leistungssteigerungen in den Betrieben mittels eines raffinierten Kalkulations- und Stoppuhrsystems stellt das täglich aufs neue unter Beweis. Die Löhne der Arbeiter sind nicht gestiegen, ihr Lebensstandard hat sich nicht gebessert. Im Gegenteil. Direkter und indirekter Lohnraub, Kurzarbeit, mehr Steuern, Zwangsspenden und die erhebliche Preissteigerung von Lebensmitteln und wichtigen Gebrauchsgegenständen haben die Lebenslage des deutschen Proleten enorm verschlechtert. Sichtbarster Ausdruck für die sinkende Kaufkraft der breiten Massen der Werktätigen sind die jetzt für Monat März veröffentlichten Umsätze im Einzelhandel. Sie zeigen nicht nur ein bedeutend verlangsamtes Ansteigen gegenüber dem Jahre 1933, sondern teilweise gegenüber der gleichen Zeit 1934 einen Rückgang.

Daß sich damit eine weit klaffende Lücke grundsätzlicher Interessengegensätze offenbart, vermögen selbst die Faschisten nicht zu leugnen, trotz allem Geschwafel von Volks- und Betriebsgemeinschaft usw.

Selbst Ley erklärte wörtlich: "Wir sind nicht so töricht zu glauben, daß man die Interessengegensätze aus der Welt schaffen kann."

Daß sie es nicht können, der Meinung sind wir auch. Man kann nicht gleichzeitig Geschäftsführer des Kapitalismus sein und Arbeiterinteressen vertreten. Und wenn Ley in demselben Zusammenhang erklärt: "Wir (die Faschisten) wollen die Interessen gerecht vertreten, wollen beiden Seiten ein ehrlicher Makler sein", so ist das eine glatte Lüge, berechnet für politisch vollkommen indifferente Gemüter.

Aber trotzdem nehmen wir diese Burschen beim Wort.

Wir fordern in den Betrieben die sofortige Zurücknahme des in der letzten Zeit erfolgten Raubes der Akkord- und Stundenlöhne. Wir fordern als Ausgleich für die Preissteigerungen von Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen eine entsprechende Lohnerhöhung.

Wir fordern wirklich freie demokratische Wahlen von Vertrauensräten der Belegschaften unter Ausschaltung aller Unternehmerknechte.

Wir schaffen zur Verwirklichung dieser Forderungen in den Betrieben die Einheitsfront der kommunistischen, sozialdemokratischen, christlichen und ehrlichen oppositionellen nationalsozialistischen Arbeiter. Und kein noch so gesteigerter Terror des faschistischen Staatsapparates wird den Sieg des geeint kämpfenden Proletariats verhindern.

Handeln wir so wie die vier revolutionären Arbeiter eines M.-Gladbacher Betriebes nach Bekanntwerden des Terrorurteils gegen die M.Gladbacher Kommunisten. Im Betriebe fanden sie sich zusammen und erklärten: "Jetzt müssen wir erst recht etwas tun."

(Flugblatt aus dem Niederrhein, in dem sehr geschickt an Äusserungen von Naziführern angeknüpft und ihre Demagogie umgekehrt zur Waffe gegen sie verwandt wird.)



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Letzte Änderung: 23. Apr. 2001, Adresse: /deutsch/antifed.html