Ein Wasserkessel führt zum Aufbau einer illegalen Gewerkschaftsgruppe. Widerstand erfordert sehr viel Einfallsreichtum.

An Frau Emmy Sonnemann


Widerstand im 3. Reich


Denunzianten


[ francais ]

Der Kampf um den Wasserkessel

Um die Bedeutung der Jugendarbeit von seiten der Partei aus ebenfalls zu unterstreichen, geben wir nachfolgend ein erfolgreiches Beispiel vom Kampf des Kommunistischen Jugendverbandes:

"In N. haben wir seit mehreren Wochen ein Einheitsfrontabkommen zwischen KJV und SAJ. Wir führten eine ganze Reihe kleiner Aktionen gemeinsam durch. In einer gemeinsamen Sitzung der beiden Leitungen beschlossen wir, im Betrieb Y, wo früher viele Jugendliche im DMV organisiert waren, die DMV-Jugend wieder aufzubauen. In diesem Betrieb ist ein SAJ-ler beschäftigt, der gleichzeitig seit vielen Jahren im DMV organisiert ist. Auf ihn stützen wir uns.

Wir beschlossen, mit der Arbeit zunächst in seiner Abteilung zu beginnen, wo er einen großen Einfluß hat.

Als erstes fand eine Besprechung mit den drei besten Jungarbeitern in der Abteilung statt, die durch ihr Auftreten schon gezeigt haben, daß sie gegen Hitler und seine faschistischen Maßnahmen sind. Alle drei erklärten sich einverstanden, die DMV-Jugend im Betrieb aufzubauen. In der Besprechung wurde festgestellt, daß im Betrieb ein Wasserkessel, wo sich die Arbeiter ihr Essen wärmen können, fehlt, obwohl der alte Kessel schon seit Wochen kaputt ist und die Arbeiter schon mehrmals darüber diskutierten, daß ein neuer Kessel angeschafft werden muß. Wir beschlossen deshalb, an diese Frage anzuknüpfen, schrieben diese Forderung auf Anschaffung eines neuen Wasserkessels auf ein großes Stück Papier und klebten es über das ganze schwarze Brett hinweg. Danach diskutierten wir mit den Jungarbeitern und Arbeitern über diese Forderung und erreichten, daß schon am nächsten Tage eine größere Delegation von Jungarbeitern und Arbeitern zum Direktor ging und dort die Anschaffung eines Wasserkessels gefordert wurde. Der Erfolg war, daß nach acht Tagen schon der neue Kessel da war.

Diesen Erfolg nutzten wir aus und sagten den Arbeitern, daß wir noch viel mehr durchsetzen können, wenn wir uns zusammenschließen, wenn wir unsere Gewerkschaften, also in unserem Betrieb den DMV, wieder aufbauen. Inzwischen hat sich unsere Gruppe auf 8 Mann in unserer Abteilung vergrößert. Jetzt nützen wir die Verbindungen zu anderen Abteilungen aus und begannen auch dort mit der Arbeit. Nach weiteren zwei Wochen zählte unsere lose Gruppe schon 14 Mann.

Jetzt gingen wir heran an die Wahl einer Leitung von drei Mann. Der Leiter der Gewerkschaftsgruppe wurde der DMV-Jugendkollege aus unserer Abteilung. Als einen Mangel stellten wir fest, daß wir bisher nur Jugendliche in unserer DMV-Gruppe hatten und daß es bei den älteren Kollegen noch keine Zusammenfassung gibt. Der Leiter unserer Gruppe wurde deswegen beauftragt, an einen ehemaligen roten Betriebsrat heranzutreten und mit ihm zu besprechen, wie wir gleichzeitig die älteren Kollegen erfassen können. Bei der Eröffnung des Winterhilfswerkes sollte sich die ganze Belegschaft die Rede von Hitler im Betrieb anhören. Diese Rede fiel gerade in die Mittagspause, wo die Arbeiter essen wollen. Wir beschlossen, diese Rede Hitlers zum Anlaß zu nehmen und zum ersten Mal für den ganzen Betrieb die Arbeiter zu mobilisieren, sie aufzufordern, der Radio-Übertragung fernzubleiben. Unsere Losung, daß alle Jungarbeiter und Arbeiter im Essraum bleiben sollen, fand schon einen gewissen Anklang. Während der Rede von Hitler blieben etwa 80 Arbeiter und Jungarbeiter im Essraum und vertrieben sich die Zeit mit Skatspielen.

Dadurch, daß unsere Gruppe an solche Fragen anknüpfte, die die Arbeiter interessierten, gewannen wir an Autorität und war unsere Gruppe im Verlauf von vier Wochen auf 40 Mann angewachsen."

Anmerkung:
KJV Kommunistischer Jugendverband
SAJ Sozialistischer Jugendverband
DMV Deutscher Metallarbeiter Verband, Metallgewerkschaft im ADGB



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Letzte Änderung: 23. Apr. 2001, Adresse: /deutsch/antifcd.html