Der Aufstand der Geusen. Der Kampf der Niederländer gegen die spanische Blutherrschaft und für einen unabhängigen Staat.

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Der Unabhängigkeitskrieg der Niederlande

Das was heute die Börse von New York ist, war im 16. Jahrhundert die Börse von Antwerpen: der Puls des Welthandels. Niederländische Handelsschiffe beherrschten den Ostseehandel, wo die Hanse schnell an Bedeutung verlor.  Niederländische Schiffe importierten Gewürze für Mittel- und Nordeuropa, die Textilindustrie in Flandern war seit langem die am weitesten entwickelte, der Heringsfang hat wohl nirgends sonst so viele reiche Leute gemacht. Politisch waren die Niederlande durch Erbschaft Teil des spanischen Weltreichs und trugen zur Hälfte zum Steueraufkommen Spaniens bei, trotz der enormen Gold- und Silberimporte aus Amerika.

Die Generalstände wehren sich gegen die Inquisition

Während in Spanien jeder Reformator von der Inquisition unbarmherzig als Ketzer auf den Scheiterhaufen wanderte, war das in den Niederlanden nicht so einfach möglich. Die Versuche, die Inquisition in den Niederlanden auszuweiten, stießen auf Schwierigkeiten seitens des Adels, der seine Ständeprivilegien verletzt sah, sowie von den Städten, die eher mehr als weniger Freiheit wollten und die die Inquisition z.T. bereits eingestellt hatten. Insbesondere in den großen Städten machte sich zusehends der Einfluß der Reformation bemerkbar, verstärkt durch Hugenotten (in den südlichen Provinzen), die aus Frankreich geflohen waren und Calvins Lehren mitbrachten sowie deutschen Flüchtlingen (vorwiegend in den östlichen Provinzen), die häufig Lutheraner waren. Im Norden waren die radikaleren Wiedertäufer (Anabaptisten) in der Mehrheit, die ihrerseits ihre Lehre nach Norddeutschland brachten, was insbesondere zum Aufstand in Münster führte.

Ein gewisser Hermann Stricker aus Oberijssel rief als erster zu einer Predigt unter freiem Himmel. Auf die Nachricht hin versammeln sich 7000 Menschen. Ein Richter der Gegend, der zufällig vorbei kommt, geht mit gezogenem Degen auf Stricker los - er wird von der aufgebrachten Menge fast gesteinigt. In der Gegend von Aalst versammelt sich eine noch größere Menge, diesmal aber mit Gewehren und Hellebarden. Man stellt Posten auf und verrammelt die Zugänge mit Wagen und Karren. Aufpasser sorgen dafür, das auch zufällige Passanten am Gottesdienst teilnehmen. Am Eingang verkaufen Buchhändler Katechismen und Erbauungsschriften. In Westflandern predigt Peter Dathenus aus Poperingen vor 15000 Menschen. Sie öffnen das Gefängnis und befreien Gleichgesinnte, die für den Scheiterhaufen vorgesehen waren. In Tournay predigte ein französischer Calvinist, Ambrosius Wille. Hier fordern die Calvinisten eine eigene Kirche in der Stadt. Als ihnen das verweigert wird, verbünden sie sich mit den Calvinisten in Valenciennes und Antwerpen. Man vereinbart, am gleichen Tag in allen drei Städten öffentliche Versammlungen. In Antwerpen ziehen 16000 Menschen aus der Stadt, bilden eine riesige Wagenburg, hinter der sich Bewaffnete bereithalten, um die Versammlung gegen einen Überraschungsangriff zu schützen.

Albas Regime verschärft die Lage weiter

1567 kommt Graf Alba als neuer Statthalter Philips II mit einer italienischen Armee nach Brüssel. Er setzt einen neuen obersten Gerichtshof ein, den "Rat der Unruhen", besser bekannt als Blutrat. Wer vor diesen Blutrat geladen wird ist so gut wie tot. Am 5. Juni 1568 werden dann nach kurzer Prozessfarce die Grafen Egmont und Hoorn hingerichtet.

Der Blutrat und eine zweite Maßnahme Albas, die Einführung einer hohen Umsatzsteuer, ruinieren zahllose Bürger und zwingen viele Menschen zur Flucht, es bilden sich die Buschgeusen im Landesinneren und der Wassergeusen an de Küste. Die Geusen führen einen Kleinkrieg, bei dem sie der Unterstützung durch die Bevölkerung sicher sind. Die Einnahme der Hafenstadt Briel am 1. April 1572 ist ihr erster großer, sichtbarer Sieg. Einer ihrer Anführer ist Guillaume de la Marck, der geschworen hatte, den Mord an Egmont und Hoorn zu rächen.


Die Befreiung von Briel

Albas Truppen blieben allerdings nicht untätig. Sein großes Problem waren die nördlichen Provinzen. Dabei wird die Belagerung Haarlems zu einer der bedeutenden Aktionen. Die Stadt ergibt sich nach 6 Monaten, von 4000 Verteidigern haben 1600 überlebt, und die werden jetzt von den Spaniern aufgehängt. Die Kommandanten Ripperda und Brederode werden erdrosselt, eine Hinrichtungsart, die auch in den 70er Jahren dieses Jahrhunderts in Spanien noch praktiziert wurde. Außerdem mußte die Stadt ein Lösegeld von 250 000 Gulden zahlen. Die Rücksichtslosigkeit bei der Eroberung von Haarlem hat den Bürgerkrieg deutlich verschärft, denn jetzt war klar, daß die spanischen Adligen keine Gefangenen machen.

Requeses besiegt den Adel, aber nicht die Geusen

1573 tritt Alba ab, Nachfolger wird ein Herr Requeses, der einerseits den Blutrat aufhob, andrerseits aber den Krieg weiter verschärfte. 1574 zwingt er Wilhelms Bruder, Ludwig Nassau, und dessen Armee auf der Mooker Heide, einem Hügel in der Nähe von Aachen, zur Schlacht. Durch die Niederlage Nassaus, der selbst fällt, ist der Widerstand des niederländischen Adels vorläufig geschwächt. Das nächste Ziel der spanischen Truppen ist Leiden im Norden des Landes. Wie schon bei Haarlem kommt es 1575 zu einer langen Belagerung. Als die Lage für die Leidener immer hoffnungsloser wird, das Schicksal der Verteidiger von Haarlem vor Augen, entschließen sie sich, die Deiche zu öffnen und das Land unter Wasser zu setzen. Das hat zwei Konsequenzen: zum einen gehen die spanischen Truppen buchstäblich unter, zum anderen kommen ihnen Wassergeusen zu Hilfe und brechen den Belagerungsring auf.

Auch Requeses gelingt es nicht die Nordprovinzen zu erobern und so muß er einem Juan Austria weichen. Austria muß wohl die Truppen schlecht bezahlt haben, jedenfalls besetzen spanische Söldner am 4. November 1576 Antwerpen und plündern, morden und brennen alles nieder. 7000 Einwohner werden an diesem Tag ermordet. Daraufhin kommt es vier Tage später, am 8. November 1576, zur sogenannten Genter Pazifikation (wenn von Frieden die Rede ist ist meistens Krieg gemeint), einem Zusammenschluß aller Provinzen gegen die spanische Barbarei. Austria erkannte die Gefahr, die ihm von der Einheit der Niederländer drohte und versuchte deshalb den Bund zu spalten durch das "ewige Edikt" vom 12. Februar 1577 (das Wort "ewig" unterstreicht den vorübergehenden Charakter). In diesem Edikt verpflichtet er sich zum Abzug der spanischen Truppen - aus den südlichen Provinzen. Kurze Zeit später stirbt er allerdings in Namur an Typhus. Sein Nachfolger wird sein bisheriger Stellvertreter Farnese.

Die Teilung der Niederlande


Wilhelm Nassau
In Brüssel, besonders aber in Gent auf Initiative von Jan van Hembijze kommt es zur Bildung eines neuen radikalen Stadtrats, des "Rates der 18", der entschlossen zu Werke geht: Beschlagnahme von Kirchen- und Klosterbesitz, Zwangsanleihen für reiche Bürger, Verfolgung katholischer Priester sowie eine Reinigung der Kirchen von Prunk und Protz. Wilhelm von Oranien ist bemüht, die Einheit der Unabhängigkeitsbewegung (zu seinem eigenen Vorteil) zu bewahren und erreicht durch Verhandlungen mit dem Genter Rat am 16.12.1578 schließlich einen Glaubensfrieden, in dem religiöse Toleranz vereinbart wird. Gleichzeitig bemüht er sich um ausländische Hilfe, in dem er dem Herzog von Anjou die niederländische Krone anbietet.

Die sich abzeichnende Radikalisierung wird von den konservativen Adligen der südlichen Provinzen im Oktober 1578 durch die Forderung nach Glaubensfreiheit für alle Katholiken beantwortet, womit das Verbot des Calvinismus gemeint ist. Die Adligen nehmen bewußt die Teilung der Niederlande in kauf indem sie am 6.1.1579 die Union von Arras gründen, sozusagen ein katholisches Spalterbündnis. Dagegen vereinigen sich ihrerseits die Adligen der nördlichen Provinzen am 23.1.1579 in der Union von Utrecht. Ein halbes Jahr später, am 26.7.1579, sagen sich diese Provinzen auch offiziell im "Plakkaat van Verlatingen" von Spanien los.

Der Antwerpener Exodus

Zwei Ereignisse prägen das Jahr 1584. Phillip II hatte ein Kopfgeld auf Wilhelm von Oranien ausgesetzt. Schließlich fand sich ein Mörder, der am 10. Juli 1584 Wilhelm von Oranien umbringt. Im gleichen Jahr belagern spanische Truppen Antwerpen. Eine Hafenstadt hat aber immer die Möglichkeit, sich mit Lebensmitteln und Truppen über das Wasser zu versorgen. Um die Unterstützung durch die Wassergeusen abzuschneiden, bauen die Spanier einen Damm quer über die Scheldemündung. Der Versuch, diesen Damm durch die Explosion von Schiffen, die mit Sprengstoff beladen sind, zu zerstören, scheitert am 1. Mai 1585 nur knapp. Damit ist das Schicksal Antwerpens nur noch eine Frage der Zeit. Am 17. August erfolgt die Kapitulation. Aber die Bürger Antwerpens sind dennoch nicht bereit sich zu unterwerfen. Lieber wandern sie aus. Durch diesen Massenexodus verliert Antwerpen die Bedeutung als Handelsmetropole, die es bis dahin gehabt hatte, auf lange Zeit. Und die Teilung der Niederlande wird konkreter.

[Karte der Niederlande]
Karte der Niederlande vor dem Aufstand

Die kriegerischen Auseinandersetzung hören damit vorläufig auf, jede Seite bemüht sich, ihre Position zu festigen. Insbesondere betreibt Spanien in den südlichen Provinzen die Rekatholisierung, während sich Handel und Handwerk in den nördlichen Provinzen konzentrieren. Zudem lastet die Vernichtung der spanischen Armada durch die englische Flotte sowie chronischer Geldmangel auf Spanien.

Die Auseinandersetzung in den eigenen Reihen

1603 kommt ein neuer Statthalter nach Brüssel: Ambrosio Spinola. Er erkennt die Tatsachen, die er vorfindet, an und schließt 1609 einen Waffenstillstand, der faktisch einer Anerkennung der Unabhängigkeit


Hugo Grotius
der Nordprovinzen gleich kommt. Dadurch ist die unmittelbare Bedrohung durch das spanische Heer vorläufig weggefallen und es kommt zum Kampf zwischen den Bürgern und den Adligen in den befreiten Provinzen. An der Spitze der beiden Fraktionen stehen Moritz von Oranien für den Adel und Johann von Oldenbarnevelt für das Bürgertum. Beide Strömungen werden von religiösen Bewegungen unterstützt. Am bekanntesten ist Hugo Grotius (eigentlich Huig de Groot), der mit Oldenbarnevelt befreundet ist. Schließlich kommt es 1617/1618 zum Kampf, den der Adel für sich entscheiden kann. Oldenbarnevelt wird gefangen genommen und am 12. Mai 1618 hingerichtet. Grotius wird zu lebenslanger Haft verurteilt, kann jedoch einige Zeit später mit der Hilfe seiner Frau fliehen.

1621 beendet Spinola den Waffenstillstand und bemüht sich in einem letzten Versuch, die Nordprovinzen zu erobern. Tatsächlich gelingt 1625 nach langer Belagerung die Eroberung von Breda, doch die Kräfte der spanischen Truppen sind erschöpft. Spinola verläßt 1628 die Niederlande, aber auch die Niederländischen Generalstaaten sind gegen eine Fortsetzung des Krieges, denn Produktion und Handel erleben einen mächtigen Aufschwung: 1609 wird die Börse zu Amsterdam gegründet, überall auf der Welt werden Kolonien in Besitz genommen, Nieuw Amsterdam, das heutige New York, wird von Niederländern gegründet und 1637 kommt es in den Niederlanden zur ersten Spekulationskrise der Welt. 1648, im Westfälischen Frieden, erkennt Spanien endgültig die Unabhängigkeit der Niederlande an.



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Letzte Änderung: 26. Nov. 2004, Adresse: /deutsch/oraniend.html